Die Lateralität

Als Professor Tomatis noch vorwiegend mit Sängern arbeitete, stellte er fest, dass es eine auditive Lateralität d.h. Seitigkeit gibt. Während sie sangen, maskierte er jeweils ein Ohr durch ein Rauschen, das wieder über Kopfhörer eingespielt wurde. Der Sänger sang mit gleicher Qualität weiter, als das linke Ohr gestört wurde. Störte Tomatis jedoch das rechte Ohr, hatte dies augenblicklich negative Auswirkungen auf Klangqualität, Intonation, Rhythmus und Lautstärke.

Beim aufmerksamen Hinhören übernimmt eindeutig ein Ohr die Führung. Das rechte Ohr arbeitet analytisch. Es peilt den Ton präzise an, während das linke gesamtheitlich hört. Um z.B. Gesprächen ohne Anstrengung folgen zu können oder den schulischen Anforderungen problemlos gerecht zu werden, ist es wichtig, das rechte Ohr als das führende einzusetzen.

Führt das linke Ohr, ist der Weg zur bewussten Wahrnehmung so lang, als ob man bis zu 120 Meter von der Schallquelle entfernt wäre. Auf diesem Weg kann einiges an Information verloren gehen. Die Botschaft wird oft emotional aufgenommen, da die notwendige Analyse fehlt.

Die gleiche Asymmetrie finden wir bei der Produktion eines Tones. Um einen Ton zu produzieren, sendet das Gehirn Impulse an den Kehlkopf. Dieser wird von zwei Ästen des Vagusnervs innerviert, von denen der linke, der bis unter die Aorta geht, länger ist als der rechte, dessen Weg direkt unter dem Schlüsselbein durchführt. Die Verzögerung entspricht ungefähr der Dauer einer Silbe.

Das hat ganz entschieden Auswirkungen auf den Sprach- und Gedankenfluss und die Qualität der Stimme.

Die Lateralisierung findet in den ersten Lebensjahren statt. Die Wahl des kürzeren oder des längeren Weges kann mehr oder weniger zufällig geschehen oder auch psychologische Gründe haben. Manchmal ist es einfacher, in eine nicht zu direkte Kommunikation mit der Umwelt zu treten, um sich dadurch zu schützen.